Die Klosterkirchen der Klarissinnen, Karmeliten und Bernhardiner wurden in Bydgoszcz gemäß den im Mittelalter allgemein gültigen Regeln außerhalb der damaligen Stadtgrenzen, außerhalb des durch die Stadtmauer und die Brahe samt ihren Armen – der Młynówka sowie dem Stadt- und Burggraben – abgegrenzten Gebiets angesiedelt. Erst die Jesuitenpater konnten wegen ihrer besonderen, auf der Gegenreformation beruhenden Mission ihre Kirche, ihr Kloster und ihr Kollegium mitten im Herzen des Marktes in Bydgoszcz errichten (die Jesuitenkirche wurde von den deutschen Besatzern 1940 niedergerissen und in dem umgebauten Kollegium dagegen befindet sich heute die Stadtverwaltung).
Klöster gehörten im mittelalterlichen christlichen Europa zu den intellektuellen Hauptzentren. Erst später begann die Ära der Universitäten. In Bydgoszcz war dies auch der Fall. Noch lange bevor säkulare Hochschulen gegründet wurden, waren Männer- und Frauenorden tätig, welche Kultur, nicht nur auf Religion bezogene, förderten. Neben dem Gebet verbrachten die Ordensbrüder und -schwestern ihre Zeit mit Unterrichten, wissenschaftlicher und künstlicher Arbeit, Konzerten und sogar mit der Veranstaltung von Theateraufführungen.
An der Hauptstraße Gdańska, an der Stelle, wo heute die Klarissinnenkirche steht, wurde 1448 eine Heilig-Geist-Krankenhauskirche aus Holz erbaut. 1522 fiel die Entscheidung, diese durch ein Gotteshaus aus Ziegeln zu ersetzen. Angestoßen wurden die Bauarbeiten 1582 und abgeschlossen im Jahre 1590. In den nächsten Jahren bis 1602 folgte die Einrichtung des Innenraums.
1615 wurde die Kirche den Klarissinnen übergeben, sicherlich mit der Anweisung, die Krankenhausmission fortzusetzen, denn das Kranken- und Armenhaus führten sie, solange sie das Gebäude des heutigen Museums in der Gdańska-Straße 4 besetzten. Das Gotteshaus wurde um den westlichen Teil ausgebaut, indem man die alte Heilig-Geist-Kirche an die Bedürfnisse des sich entwickelnden Klosters anpasste. In der aufgestockten Sakristei wurde ein nach innen geöffneter Chor eingerichtet. 1646 wurde an die südliche Wand des Schiffes eine durch den Bürgermeister von Bydgoszcz, Wojciech Łochowski, gestiftete Priesterkapelle angebaut. Das barocke Gitter, das das Presbyterium vom Hauptschiff abgrenzt, stammt aus dem Jahr 1651. In den Zeiten der Besetzung Polens im 19. und 20. Jahrhundert, als die Kirche keine sakrale Funktion erfüllte, wurde das Gitter im Haupttor des Friedhofs der alten Pfarrkirche, heute der ältesten Nekropole in der Grunwaldzka-Straße, eingesetzt. In die ursprüngliche Kirche kehrte es nach dem Krieg zurück und für das 1991 rekonstruierte Friedhofstor wurde eine Kopie des Gitters aus der Klarissinnenkirche angefertigt.
In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts wurde an die südwestliche Ecke der Kirche ein Kirchturm mit einem barocken Helm angebaut, aus dem tagtäglich das Hejnał der Stadt (das Lied des Triumphes), komponiert von einem der Einwohner der Stadt, Konrad Pałubicki, ertönt.
Der Klarissenorden war hier bis zur Auflösung des Ordens durch den preußischen König im Jahre 1835 tätig. Danach wurden die Ordensschwestern aus Bydgoszcz nach Gniezno verlegt. Auch die Kirche erfüllte danach keine sakrale Rolle. Der Seitenalter wurde nach Osielsko verlegt und der Hauptaltar nach Sypniewo, von wo aus er erst 1955 wieder in die Klarissinnenkirche zurückkehrte. Nach der Auflösung des Ordens erfüllte die Kirche wenig würdige Rollen. Sie beherbergte u.a. Lager, die Stadtwaage, einen Straßen- und Latrinenreinigungsbetrieb und schließlich eine Feuerwache mit Pferdestall. Ende des 19. Jahrhunderts kamen etwas bessere Zeiten für die Kirche. Sie wurde zum organisatorischen Keim des ersten Museums in Bydgoszcz. Die Historische Gesellschaft für den Netzedistrikt zu Bromberg richtete 1888 im Chor, auch Schatzkämmerlein genannt, ein Lager für die gewonnenen und ausgestellten Museumsgegenstände aus der Region ein.
Nach der Wiedererlangung der Unabhängigkeit übernahm das Gotteshaus wiederum eine sakrale Funktion, jedoch nicht mehr als eine Ordenskirche, sondern als eine Schulkirche. Zu jener Zeit, 1922, fertigte der Steinmetz Jakub Job im Stil der Neorenaissance das heutige Portal nach dem Entwurf des Posener Architekten Stefan Cybichowski an. Besondere Aufmerksamkeit verdient in dem klösterlich dezenten Innenraum vor allem die polychrome Kassettendecke aus dem 17. und 18. Jahrhundert, das den Hl. Stanisław Kostka darstellende Gemälde von Leon Wyczółkowski, das manieristische Alabasterflachrelief von 1595 sowie das barocke Gitter aus dem 17./18. Jahrhundert.
Seit 1997 wird die Kirche durch Kapuziner aus der Warschauer Provinz verwaltet und die ursprünglich ausgedehnten Klostergärten der Klarissinnen wurden im 19. Jahrhundert in einen Park (heute der Jan-Kasimir-Park) umgewandelt, in dem in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts das Gebäude des Regierungsbezirks Bromberg (heute das Woiwodschaftamt) nach dem Entwurf des herausragenden preußischen Architekten Karl Friedrich Schinkel entstand.
Die Klarissinnenkirche (wie sie gewöhnlich von den Einwohnern bezeichnet wird) liegt seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nicht mehr am ruhigen Stadtrand. Die besonders intensive Entwicklung der Stadt ungefähr in den Jahren 1870-1920 führte dazu, dass dieses Gebiet bald durch die Stadt verschlungen und zu ihrem großstädtischen Epizentrum wurde. Der stetig anwachsende Verkehr rief 1971 heftige Diskussionen über eine eventuelle Verlegung der Kirche, um einer modernen Straßenkreuzung Platz zu machen, hervor. Interessant oder vielleicht eher amüsant ist die Tatsache, dass der komplexe technische Prozess der Verlegung der Kirche in manchen viel später veröffentlichten Publikationen als vollzogen beschrieben wurde...
Die Geschichte einer Stadt kann man auf eine besondere und sehr objektive Art und Weise vor allem anhand ihrer erhaltenen historischen Kirchen ablesen. Die alten Kirchen sind Überbleibsel früherer Zeiten. Sie deuten überwiegend auf Zeiten der Prosperität und der Entwicklung der Stadt hin, aber können ebenfalls an wirtschaftliche wie auch geistige Krisen erinnern. Die am meisten städtischen Kirchen, eben die Pfarrkirchen, sind wie eine Linse, durch die die Geistigkeit, Errungenschaften und Ambitionen der Stadt sichtbarer werden. Darüber hinaus strahlen sie eine besondere Aufladung mit Emotionen aus, die von mehreren Generationen an den kirchlichen Altären geäußert wurden. Auch die Einwohner von Bydgoszcz kamen über all die Jahrhunderte in die hiesigen Kirchen, vor allem in die Pfarrkirche und Kathedrale, und teilten ihre Sorgen und Freuden, manchmal zweifelten sie, manchmal suchten sie nach Rettung und Hoffnung, dankten und beteten...