Die Pfarrkirche und Kathedrale, das Sanktuarium der Mutter Gottes der Schönen Liebe

Die Pfarrkirche in Bydgoszcz wurde 2004 durch ein Dekret des Papstes Johannes Paul II. in den Rang der Kathedrale der neu ernannten Diözese Bydgoszcz erhoben. Mehrere Jahrhunderte lang war sie für zahlreiche Generationen der Stadteinwohner die einzige und wichtigste Stadtkirche, ihre Pfarrkirche. Die Geschichte der Pfarrkirche und Kathedrale in Bydgoszcz ist sehr stark mit der Geschichte der Stadt Bydgoszcz verflochten. Es gab hier früher zwar andere Kirchen, die Hl. Ägidius-Kirche und Burgkapelle, die nicht mehr existieren, aber als sie errichtet wurden, besaß Bydgoszcz noch keine Stadtrechte.

Jede europäische Stadt musste auch eine Kirche haben. Neben Ordens-, Burg-, Pilgerkirchen und anderen, war eine einzige Stadtkirche, eine Pfarrkirche Pflicht. Sofort nach der Lokation der Stadt Bydgoszcz wurde am 19. April 1346 der Bau der städtischen Kirche angestoßen, und zwar direkt am Markt und Rathaus, was auch eine Regel und Tradition mittelalterlicher Städte in Europa darstellte. Es war eine Begegnung von Sacrum und Profanum.

Die Pfarrkirche in Bydgoszcz (die spätere Kathedrale) war ursprünglich aus Holz.

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Das 15. und 16. Jahrhundert war jedoch für Bydgoszcz und auch für viele andere polnische Städte eine Zeit der dynamischen Entwicklung und wirtschaftlichen Prosperität. Dieser Aufschwung stützte sich in Bydgoszcz hauptsächlich auf dem Handel mit Getreide, Holz und Erzeugnissen lokaler Handwerker, darunter dem berühmten lokalen Bier, das sogar in der Hansestadt Danzig bekannt war. Aus Dankbarkeit und nach Bränden des hölzernen Gotteshauses entschloss man sich, eine prächtige gemauerte Kirche im gotischen Stil zu errichten.

Die Bauarbeiten dauerten von 1466 bis 1502 an. Ziemlich lange. Man darf aber dabei nicht vergessen, dass das Errichten von Gotteshäusern für die Menschen des Mittelalters nicht nur reines Bauen war. Es war auch ein symbolisches „Steingebet“ (in Bydgoszcz Ziegelgebet).  Viel wichtiger als die Vollendung eines Gebäudes war der Bauprozess. Zu den Schutzpatronen der Kirche wurden der Heilige Nikolaus und der Heilige Martin gewählt, die gleichzeitig Schutzheilige für Handel und zahlreiche Handwerke waren und somit perfekt den wirtschaftlichen Ambitionen der Stadt entsprachen. An den gotischen äußeren Ziegelwänden sieht man noch Spuren von nicht mehr existierenden Kapellen, die von unterschiedlichen Brüderschaften und Zünften gestiftet wurden. Bei den letzten Restaurierungsarbeiten wurde über dem Südeingang ein gotischer polychromer Zierfries entdeckt.

Der Innenraum der Kathedrale überrascht mit einem einzigartigen Reichtum an Farben, was in Nordpolen nicht oft vorkommt. Die Polychromie ist nicht sehr alt. Sie stammt aus den Jahren 1922-25 und ist ein Werk von Henryk Jackowski, geschaffen im Rahmen eines Projektes von Stefan Cybichowski. Die reichen Malereien im dekorativen Geiste des Endes des 19. und der ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts erinnern die Besucher oft an alte Krakauer Kirchen: den Innenraum der Marienkirche, der Franziskanerkirche oder auch der Wawelkathedrale. Bekannt ist, dass dem Künstler Prominente aus Bydgoszcz als Modell für die Gestalten der Heiligen und Engel dienten, darunter waren auch die ersten Oberbürgermeister der freien Stadt in der Zwischenkriegszeit, Kaufleute, verdiente Aktivisten, ihre Gattinnen und Töchter.

katedra bydgoska obraz madonna z roza

Im Innenraum blieb die reiche, hauptsächlich aus dem 18. Jahrhundert stammende Einrichtung im Rokokostil erhalten. Ein Teil von ihr stammt aus der nicht mehr existierenden Kirche der Karmeliten, u.a. das wunderschöne Chorgestühl im Presbyterium, auf dem Jahrhunderte lang Nonnen aus dem Kloster am anderen Ufer der Brahe beteten (heute befindet sich an der Stelle des damaligen Karmelitenklosters ein Park und der Parkplatz der Opera Nova). Besondere Aufmerksamkeit verdienen überdies die Altäre, die Kanzel und das 1611 vom Bürgermeister Wojciech Łochowski gestiftete Messingtaufbecken im Spätrenaissancestil sowie Grabschriften, Gemälde und zahlreiche Gedenktafeln.

In der Kathedrale in Bydgoszcz kommt der größte kunsthistorische und religiöse Wert dem Gemälde der Muttergottes mit Rose zu. Dieses Gemälde am Hauptalter lenkt die Aufmerksamkeit aller Gläubigen und Touristen auf sich. Es ist ein wunderschönes Werk im spätbarocken Stil, welches die Muttergottes mit Kind, die in einer eleganten Geste in der zweiten Hand eine kleine, gerade aufgeblühte Rose hält, darstellt. Für sie wurde an der südlichen Wand des Presbyteriums ein kleines Rosarium mit blühenden Rosen unterschiedlicher Art errichtet, das hauptsächlich von Jungverheirateten erweitert wird. Dank der Muttergottes der Schönen Liebe wird die Pfarrkirche gerne besucht. Interessant ist, dass ein fast identisches Abbild der Muttergottes im Stephansdom in Wien zu finden ist. Eine getreue Kopie des Gemäldes aus Bydgoszcz wurde dem Papst Johannes Paul II. während seines Besuchs in Bydgoszcz am 7. Juni 1999 verschenkt.

Und noch ein unauffälliges Detail an der südlichen Wand des Gotteshauses: Hoch, auf einem Rinnenkorb steht ein kleiner, im Blech gepresster gekrönter Adler. Zu Zeiten der Besetzung war er auch da. Der einzige in Bydgoszcz. Die Deutschen übersahen ihn. Junge Polen in Gymnasialmützen kamen deshalb auch heimlich hierher, um dem polnischen Staatswappen die Ehre zu erweisen.